Vom 18. bis 20. Januar fand wieder die Mercedes Benz Fashion Week statt. Dieses Mal komplett online und damit für jeden Zuschauer so greifbar nah wie nie. So gesehen war dies auch meine erste Fashion Week, von der ich euch heute berichten kann!

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Worüber man spricht: Themen der Mercedes Benz Fashion Week

Drei Tage lang konnte man von Zuhause aus die Mercedes Benz Fashion Week (MBFW) bequem via Live-Stream und später auch auf dem MBFW Youtube-Kanal verfolgen. Es ist eine merkwürdige Formulierung, aber die Corona Pandemie ermöglichte es, die Fashion Week mit ihren sonst sehr exklusiven Events auch als Endverbraucher mitzuerleben. Man konnte wie bei einem Podcast den Diskussionen zu Gender-Rollen, Veränderungen in der Industrie und Aktivismus in der Mode lauschen. Aber auch die Kollektionen der Designer wurden via virtueller Ausstellung – mal mit, mal ohne Kommentar – online präsentiert.

Von Mode zur Performance

Die Abwesenheit eines Live-Publikums brachte die Designer dazu, neue Wege zu gehen, wenn es um die Inszenierung der Kollektionen ging. Einen klassischen Runway sah man nur selten, stattdessen: Mode als Kunstinstallation, als Performance. Lou de Betoly lässt ihr Model in einem surrealen Lufttanz à la Circe du Soleil von der Decke hängen, und das Magazin ACHTUNG präsentiert das aktuelle Editorial wie in einer Open-Air Kunstgalerie an der Mauer um das Berliner Kraftwerk, in dem sonst die Events der Fashion Week stattfinden. Im Interview mit Emeka-Gründer Sydney Emeka Nwakanma darf man im Anschluss einer Musik-Performance lauschen, die sich trotz Video-Übertragen so intim wie ein Wohnzimmer-Konzert anfühlt, und bei CRUBA liegt das Augenmerk mehr auf der Dynamik, die die drei Models auf der Bühne miteinander haben, als auf der Kleidung selbst. Neben so viel (vermeintlicher) Tiefgründigkeit gibt es aber auch Designer, die mit weniger Ernst und mehr Spaß ihre Kollektionen inszenieren. Dabei stach für mich besonders Rebekka Ruétz hervor, die mit Humor an ein Thema heranging, das uns derzeit alle betrifft: Das Absitzen der Corona-Pandemie in den eigenen 4 Wänden.

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Live Performance bei CRUBA (Create Resolutions Using Berlin Arguments)

Ohne geht es (fast) nicht mehr: Nachhaltigkeit

Die MBFW schien unter dem Stern der Nachhaltigkeit zu stehen; Man sah dekonstruierte Kleidung, zusammengesetzt aus wiederverwerteten Textilien und Material, das sonst nicht mit Kleidung in Verbindung gebracht wird. So setzt Tom van der Borght Seile und Plastikschläuche in seiner Kollektion ein, und beim Fade Out Label wird ein Zero Waste Ansatz verfolgt, bei dem Vintage Stoffe neu und auf einzigartige Weise zusammengesetzt werden, ohne dabei Textil-Abfall zu produzieren. Am Ende der Show wurde die passende Message zur Philosophie der Marke von den Models getragen: „You are what you wear“.

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Fade Out Label: You are what you wear

Aber nicht alle Designer der Fashion Week bauten ihre Kollektionen aus Stoffresten auf. So hat Kilian Kerner bei seiner diesjährigen Jubiläumsshow nun zum 20 Mal auf der MBFW eine rundum stimmige „Traumwelt“-Kollektion gezeigt. Einen kleinen Wink zu den Hamsterkäufen am Anfang der Corona Zeit wollte sich der Designer aber dann doch nicht nehmen lassen. Und bei Danny Reinke stand eher die eigene Familie und die Profession der Fischerei im Vordergrund bei der nautisch angehauchten Kollektion „M.Ö.N.2.0.“.

Hes, Shes, Theys and Gays – Wie kommt Diversität in der Mode an?

Dekonstruktion hat man nicht nur in der Kleidung vieler Designer beobachtet. Auch das Konzept von Geschlecht wird erforscht und auseinandergenommen. Julia Leifert, Antonia Goy und Björn Kubeja (Working Title) erörtern, wie Frauen Wohlfühl-Mode nutzen, um Facetten ihrer Selbst zu zeigen, ohne sich als ein bestimmter Typ von „Frau“ zu verkleiden. Und tatsächlich ist dies das Motto vieler Kollektionen der Modewoche; typisch „weibliche“ Kurven findet man selten, stattdessen unisex Schnitte, aus Stoffresten zusammengesetzte ungewohnte Silhouetten, und Körper, die nicht mehr nur Mann oder Frau, sondern einfach nur Mensch sind. Das möchte auch Aktivistin Dany Cole (@inter_sexy) mit ihrer Arbeit gegen Geschlechts-Operationen vermitteln. Als intersexueller Mensch setzt sie sich dafür ein, dass auch andere Betroffene als das akzeptiert werden, was sie sind – weder Mann, noch Frau, sondern einfach Mensch.

Insgesamt war die Mercedes Benz Fashion Week für mich irgendwie typisch Berlin; Nicht immer „schön“ im klassischen Sinn, sondern ein bisschen edgy und rau. Und es war eine Veranstaltung, bei der man sich der Realitäten unseres Lebens gestellt hat. Die Fashion Week war diesen Januar nicht Flucht in die schöne, schillernde Modewelt. Vielmehr gab die MBFW ein Abbild der Pandemie und eine Plattform für den Diskurs über Ungleichheiten, die man – vielleicht auch ein Stück weit mit Mode – mehr und mehr zu überbrücken versucht.

Eine Meinung zu “Mercedes Benz Fashion Week 2021: Digital, Nachhaltig, Divers

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