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Der Online-Fashion-Shop SHEIN wurde bereits 2008 gegründet und verlockt insbesondere ein jüngeres Publikum dazu, günstige, trendy Mode zu shoppen. Direkt in China produziert, werden die Produkte in über 200 Länder weltweit versandt. Das Suchvolumen nach dem Begriff „SHEIN“ ist seit 2014 bei Google exponentiell gewachsen, der Umsatz der Modemarke hat eine ähnliche Entwicklung gemacht. In den USA steht Shein dieses Jahr auf der Liste der am häufigsten heruntergeladenen Shopping-Apps. Klingt nach einer echten Erfolgsstory, nicht wahr?

Tatsächlich ist das Business-Modell von SHEIN höchst problematisch, und zwar auf mehreren Ebenen. Menschenrechte, Umweltschutz, Ethik und Gesundheit werden systematisch missachtet. Für mich ist SHEIN ein absolutes No-Go, und ich verrate euch auch gerne detailliert, warum:

Unfaire Arbeitsbedingungen?

SHEIN glänzt mit Intransparenz. Wenn man den Weg der Kleidungsstücke zurück auf ihren Ursprung nachgehen möchte, wird man in einem Dickicht aus Fake-Zertifikaten, Lücken in der Lieferkette und fehlenden Verantwortlichen landen. Bis vor kurzem war nicht einmal öffentlich bekannt, wie der Gründer der Firma heißt.

Diese Unklarheit ist ein wunderbarer Deckmantel für SHEIN, denn hier kommt der Clou; Was nicht herausgefunden werden kann, kann einem auch nicht zur Last gelegt werden. Setzt SHEIN Kinderarbeit ein? Werden Menschenrechte verletzt? Möglicherweise, sicher sagen kann es aber niemand. Klar scheint nur zu sein, dass die Näher_innen täglich bis zu zwölf Stunden arbeiten, und Untersuchungen der NGO Public Eye zufolge haben Mitarbeiter_innen nur einen Tag im Monat frei. Damit wird klar gegen das chinesische Arbeitsrecht verstoßen. Überraschend dürfte das niemanden: Nur, wer seine Mitarbeiter_innen zu 75-Stunden Wochen zwingt und niedrige Löhne zahlt, kann diese enormen Massen an neuer Kleidung herauspumpen, die SHEIN täglich produzieren lässt.

Nachhaltigkeit? Fehlanzeige!

85 % Rabatt, noch ein extra-3 Euro Gutschein oben drauf, und ach ja, Influencer XYZ hat ja auch noch ’nen Rabatt-Code… wer kann solchen Angeboten widerstehen? Bei SHEIN wird darauf spekuliert, dass die billigsten Angebote den größten Absatz bringen. Das Problem dabei ist einerseits, dass Kund_innen wegen der günstigen Preise mehr Kleidung kaufen, als sie wirklich wollen oder brauchen. Andererseits spiegelt sich bei solchen Preisen die minderwertige Qualität im Produkt wider. Die Rücksendung lohnt bei dem billigen Kaufpreis und den hohen Versandkosten meist nicht. Was passiert also mit Kleidung, die weder getragen wird, noch lange haltbar ist? Sie wandert auf den Müll.

Und natürlich tragen nicht nur Kund_innen dazu bei, dass Müllhalden durch Textilabfälle immer höher wachsen. Ungetragene, neuwertige Mode landet auf Deponien wie in der Atacama-Wüste, belasten dort die Umwelt und Bewohner. Die Politik schaut weg – keiner will die Verantwortung übernehmen oder gar Unternehmen wie SHEIN zur selben ziehen, Textilien sachgerecht zu entsorgen oder zu recyclen. Wir dürfen uns übrigens sicher sein, dass der Mode-Riese diese verheerenden Auswirkungen auf die Umwelt auch nicht mit hohen Steuerzahlungen ausgleicht, sondern Gelder in Steueroasen „verschwinden“ lässt.

Nachhaltig produziert werden die Kleidungsstücke auch nicht; die personelle Dimension haben wir im ersten Punkt bereits erörtert. Die Umwelt-Seite der Medaille sieht leider auch nicht besser aus. Nur ein winziger Bruchteil der Kleidung enthält z.B. recyclete- oder Biofasern. Laut einem Report von Simplicissimus sind nur 181 Teile bei SHEIN aus Bio-Baumwolle. Die restlichen 43.5015 Produkte bestehen zumeist aus synthetischen Fasern, die in mehreren hundert Jahren noch nicht abgebaut sind. Von der giftigen, chemischen Behandlung der Textilien und ihre Auswirkung auf Mensch und Umwelt mal ganz zu schweigen…

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Design-Diebstahl: Billiges Kopieren von Designs

Mode-Trends werden bei SHEIN in Echtzeit reproduziert – hier spricht man nicht mehr von Fast Fashion, sondern schon von Realtime Fashion. Täglich kommen ungefähr 5000 neue Styles im Online-Shop hinzu. Dagegen wirken H&M und andere Ketten wie Slow Fashion Läden.

Das funktioniert nur, wenn man sich selbst gar keine Gedanken darüber machen muss, welches Design in die neue Kollektion passt. Stattdessen ist es gängige Praxis beim SHEIN, Looks von Designern zu kopieren, nachzunähen, dann am laufenden Band in den Shop zu stellen und günstig zu verscherbeln. Das Verletzen von Urheberrechten gehört zum Geschäftsmodell des Mode-Riesen. Das tut nicht nur „den Großen“ weh wie Zara oder H&M (die sich ja wiederum selbst stark von Designs vom Runway, sagen wir mal, inspirieren lassen), sondern insbesondere kleineren, unabhängigen Designern. Diese werden ihrer Ideen beraubt und können sich gegen das Billig-Model von SHEIN nur schwer durchsetzen.

Mentale Belastung: Die Angst, etwas zu verpassen

SHEIN setzt bei der Marketing Strategie auf die Verbreitung in den sozialen Medien, allen voran Instagram und Tik Tok. Hier zeigen Influencer_innen ihre „Hauls“, ihre riesigen Bestellungen. Die Modemarke profitiert doppelt vom Content der Creators: Nicht nur erhalten sie kostengünstig Inhalte, die sie wiederum für die Eigenwerbung nutzen können. Zusätzlich werden die Teenie-Follower_innen dazu verleitet, den Fashion-Accounts nachzueifern und ebenso stylische Mode bei SHEIN zu kaufen.

Ich persönlich finde es auch höchst fragwürdig, dass sich Popstars wie Katy Perry oder DJs wie Steve Aoki nicht zu schade dafür sind, auf SHEIN-Events aufzutreten. Diese Personen haben eine Vorbild-Funktion, senden mit solchen Auftritten aber ein falsches Signa: Nämlich, dass SHEIN cool ist, dass dein Leben durch die Klamotten geiler wird und Leute, die bei SHEIN einkaufen, ein geiles Leben führen. Schon wird der Umsatz in die Höhe getrieben.

Mit der rasanten Geschwindigkeit der wechselnden Trends kann man allerdings niemals Schritt halten. Sogenannte „Micro-Trends“ sind heute beliebt – und morgen schon wieder vergessen. Wer ein Foto von seinem SHEIN-Outfit auf Insta gepostet hat, kann sich selbstverständlich nicht ein zweites Mal darin blicken lassen – etwas Neues muss her. Dadurch sind Produkte, die sich sogar noch in der Zustellung befinden, schon längst wieder aus der Mode, wenn sie beim Besteller ankommen. Der Game-Charakter der Shopping-App verstärkt den Effekt auf die junge Kundschaft: Wenn du die App täglich öffnest, oder kleine Aufgaben löst, sammelst du Punkte für Shopping Gutscheine.

Diese Dauerwerbesendung auf dem eigenen Smartphone beeinflusst die junge Zielgruppe. Gerade im Teenager-Alter definiert sich die Identität nun einmal auch stark über das Aussehen – wer hat die coolsten Klamotten an, wer ist dadurch beliebt? Wer nicht mithält, ist out und wird zum Außenseiter. Für mich ist allein die Vorstellung belastend, aufgrund meines textilen Besitzes als unzureichende Person bewertet zu werden. Die Zielgruppe von SHEIN lebt diese Realität allerdings und ist daher sehr empfänglich für die Werbung der ultrabilligen Trend-Mode. Und SHEIN nutzt diese Verletztlichkeit schamlos aus. Shopping bei SHEIN kann damit sogar schnell einen Sucht-Charakter erhalten, weil die Kund_innen das Gefühl haben, mithalten zu müssen, immer neue Kleidung kaufen und weiter fleißig Punkte im Shopping-Spiel sammeln zu müssen.

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Mein Fazit: Finger weg von SHEIN

SHEIN ist für mich Scheiß. Hier wird propagiert, was unsere Welt schon seit Jahrzehnten kaputt macht: Übermäßiger Konsum, Ressourcen-Verschwendung und Ausbeutung von Mensch und Natur. Ich möchte nicht Teil dieses Problems bleiben und kann nur jedem davon abraten, bei SHEIN einzukaufen – ganz besonders dann nicht, wenn man ultrabillige Klamotten nicht nötig hat. Natürlich spreche ich aus einer privilegierten Position heraus: Ich verdiene recht gut und bin kinderlos, habe also sicher mehr frei verfügbares Einkommen als viele andere Menschen. Dennoch beobachte ich, dass auf SHEIN nur selten aus der Not heraus eine neue Hose oder die Winterjacke gekauft wird. Hier wird Konsum nur zum Zeitvertreib und zur Belustigung der eigenen Follower_innen auf Social Media betrieben. Und das ist fucking problematisch.

Zudem gibt es bessere Alternativen, wie zum Beispiel Second Hand Shopping. Das ist nachhaltiger, weil keine neuen Ressourcen aufgewendet werden müssen. Außerdem beschert Vintage Shopping einem einen Look, den so leicht keiner nachkaufen kann.

Quellen:

  • https://www.fr.de/wirtschaft/shein-mode-aus-china-zu-dumping-preisen-90872861.html
  • https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/muellhalde-atacama-wueste-101.html
  • https://bellevue.nzz.ch/mode-beauty/shein-was-den-chinesischen-fast-fashion-konzern-antreibt-ld.1629908
  • https://www.br.de/nachrichten/netzwelt/shein-das-steckt-hinter-dem-fast-fashion-giganten,SYcqjpv
  • https://www.faz.net/aktuell/stil/mode-design/modeerscheinungen/warum-der-schein-des-chinesischen-modeanbieters-truegt-17664312.html

4 Meinungen zu “Schneller, Billiger, SHEIN! Darum ist die Modemarke problematisch

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